Erste Hilfe Maßnahmen bei Kolik von Pferden
Die Weidesaison hat begonnen und damit geht auch wieder die Hochsaison für Tierärzte los. Das ungewohnt frische Gras sorgt in der Pferdewelt für zahlreiche Kolikfälle. Wird der Magen-Darm-Trakt des Pferdes ohne Anweideplan unzureichend auf die neue Futtersituation vorbereitet, kommt es zu Verdauungsstörungen mit starken Bauchschmerzen. Die Angst der Pferdebesitzer ist groß, dass sich der Vierbeiner vor Schmerzen auf dem Boden wälzt und der Tierarzt eingreifen muss, wenn krampflösende Medikamente nicht mehr ausreichen.
Dabei kann eine Kolik bei Pferden auf unterschiedlichsten Wegen entstehen – vom Fütterungsfehler über Haltungsfehler bis hin zu starken Wetterumschwüngen. Pferdebesitzer und Tierarzt müssen das Pferd in seiner Gesamtheit betrachten, die Ursache abstellen und vor allem schnell handeln. Denn je nach Schweregrad kann das Pferd bei Nicht-Behandlung auf dem OP-Tisch für eine Notoperation landen. Um das Worst-Case-Szenario zu umschiffen, sollte immer der Tierarzt hinzugezogen werden, der über eine mögliche medikamentöse Behandlung entscheiden kann.
Schnelles Erkennen für schnelles Handeln: Anzeichen einer Kolik beim Pferd
Es gibt die Pferde mit hoher Schmerztoleranz, die beißen die Zähne zusammen, und dann gibt es die wehleidigen Pferde. Demnach reagiert nicht jedes Pferd gleich und gleich intensiv auf Bauchschmerzen und andere Magen-Darm-Verstimmungen. Zur typischen Symptomatik einer Kolik gehören folgende Verhaltensweisen:
Das Pferd…
- wirkt teilnahmslos
- frisst und trinkt nicht
- scharrt und stampft
- tritt sich gegen den Bauch, dreht sich zum Bauch um
- ist aufgebläht
- äppelt nicht
- wälzt sich häufig, heftig und unruhig
- liegt viel oder steht nicht auf
- flehmt oder gähnt viel
- hat kaum bis keine Darmgeräusche
- hat Fieber und Schweißausbrüche
- hat erhöhte Atemfrequenz bei aufgeblähten Nüstern trotz Ruhemodus
Du kennst dein Pferd am besten und weißt, wann sein Verhalten von seinem normalen Verhalten abweicht. Habe dafür immer die PAT-Werte (Puls, Atmung, Temperatur) im Blick:
- 28-40 Pulsschläge pro Minute
- 8-16 Atemzüge pro Minute
- 37,5-38,2 Grad Körpertemperatur.
Zu den PAT-Werten siehe auch unseren Ratgeber zur Ersten Hilfe beim Pferd.
Einmal Detektiv spielen: Die Ursache für die Kolik finden
Wie bei den Symptomen gibt es auch hinsichtlich der Ursachen einer Kolik eine große Spektrum. Das macht es nicht immer einfach, den Auslöser sofort zu identifizieren. Man muss regelrecht Detektiv spielen.
In den verschiedenen Arten von Koliken liegen deren Ursachen begründet. In den meisten Fällen ist der Dickdarm, aber auch der Dünn- und Blinddarm betroffen. Hin und wieder kann auch der Magen Ursprung der Schmerzen sein.
Gaskolik
Hat das Pferd stark blähende oder mit Schimmel, Bakterien und Pilzen kontaminierte Futtermittel aufgenommen, entstehen übermäßige Gasansammlungen im Verdauungstrakt. Da das Pferd nicht rülpsen kann und der Darmtrakt sehr lang ist, um die Gase rechtzeitig auszuscheiden, gast das Pferd auf. Ein Blähbauch mit starken, schmerzhaften Darmgeräuschen ist die Folge. Stark blähende Futtermittel sind beispielsweise weiches Brot oder nicht durchgetrocknetes, kleingehäckseltes Rasenmähergras.
Krampfkolik
Krampfkoliken zählen zu den spastischen Koliken, wobei schubweise starke und schmerzhafte Krämpfe das Pferd plagen. Auch hier können Verdauungsstörungen und eine heftige Darmaktivität der Grund sein. Die Verabreichung von krampflösenden Mitteln bietet in der Regel schnelle Linderung. Aber auch Stress in jedweder Form, starker Wurmbefall, der Zyklus bei Stuten mit Abszessen oder Tumoren am Eierstock oder schlecht gekautes Futter können Gründe für eine Krampfkolik beim Pferd sein.
Sandkolik
Von Sandkoliken sind vor allem stark rationierte, hungrige Pferde betroffen, die auf Sandpaddocks und staubigen, abgefressenen Weiden Sand und andere Schmutzpartikel aufnehmen. Dieser wird mit dem restlichen Futterbrei nicht gebunden und weitertransportiert, sondern sammelt sich im Magen und Darm an. Damit wird das Darmvolumen verkleinert, die Peristaltik herabgesetzt und das Darmmilieu verändert. Im schlimmsten Fall verstopft der Darm oder verdreht sich. Die beste Prophylaxe ist, den Pferden Zugang zu ausreichend sauberem Futter zu gewähren.
Pferde auf Diät dürfen nicht zu stark rationiert werden, stattdessen sollte ihr Bewegungspensum aufgestockt werden. Flohsamen sind bei Pferdehaltern zur Darmsanierung sehr beliebt, da diese den Schmutz im Darmtrakt binden und weiter befördern.
Verstopfungskolik
Wie der Name vermuten lässt, kommt es bei einer Verstopfungskolik zu einem Futterstau im Darm. Wird hier nichts unternommen, können die betroffenen Teile des Darms absterben – dann ist eine Operation unumgänglich. Eine Verstopfung kommt beim Pferd zustande, wenn es zu wenig Wasser aber zu viel Stroh aufnimmt. Auch zu wenig Bewegung kann Auslöser sein, da das Lauftier Pferd mit Bewegung seine Darmperistaltik ankurbelt. Weiterhin können Tumore der Grund sein.
Verstopfungskoliken können mit einer relativ milden Symptomatik einhergehen, dafür aber mehrere Tage anhalten. Nimmst du ein verändertes Verhalten deines Pferdes wahr, holst du richtigerweise einen Tierarzt hinzu.
Darmdrehung
Bei einer Kolik durch Darmdrehung besteht dringender Handlungsbedarf, da er unbehandelt in einen lebensbedrohlichen Darmverschluss münden kann. Bei einer Darmdrehung oder Darmverlagerung ist der Darm des Pferdes unregelmäßig gefüllt, überfüllt, verstopft oder aufgegast. Die betroffenen Darmschlingen können sich dann verdrehen und den Darm zuschnüren. Ausgelöst wird eine Darmdrehung durch unregelmäßige Fresszeiten, zu lange Fresspausen und zu wenig Raufutter. Aber auch Junghengste können von einer Darmdrehung betroffen sein, wenn der Darm in den Hodensack abrutscht.
Darmverschluss
Die schwerste aller Kolikformen ist der lebensbedrohliche Darmverschluss. Er folgt, wenn nichts unternommen wird, einer Verstopfung oder Darmverdrehung. Die ermüdende Darmmuskulatur fördert den Futterbrei nicht weiter, das Pferd äppelt nicht mehr und im schlimmsten Fall dreht sich der Darm. Der Darm verschließt. Hier ist unverzügliches (operatives) Eingreifen des Tierarztes absolut erforderlich!
Magenüberladung
Steht das Pferd mit langgestrecktem Hals da und versucht den Futterbrei wieder hoch zu würgen, könnte eine Magenüberladung vorliegen. Das Problem: Das Pferd kann sich aufgrund des Schließmuskels am Mageneingang nicht übergeben und alle Würgeversuche bleiben erfolglos. Dabei ist auch hier wieder ein Zuviel an gärenden oder stark quellenden Futtermitteln die Ursache, die den Magen überdehnen. Aber auch ein Darmverschluss kann den Futterbrei zurück in den Magen schieben, weshalb es zu einer schmerzhaften Überladung kommt. Hier heißt es schnell handeln, da der Magen sonst reißen und sich der Futterbrei im Bauchraum ausbreiten könnte, was zur Infektion der Organe und schließlich zum Tod des Pferdes führen würde.
Kreislauf-Koliken durch Hitze und Wetterumschwünge
Manche Kreislaufschwächen können mit kolikartigen Symptomen einhergehen. Vor allem ältere Pferde oder Pferde mit Herzproblemen kommen mit starken Wetterumschwüngen und Hitze im Sommer und Frühjahr (wenn noch das Winterfell drauf ist) nicht gut zurecht. Die Temperatursprünge schwächen ihren Kreislauf und neben allgemeiner Abgeschlagenheit können auch kolikartige Symptome auftreten.
Wie lange dauert Kolik beim Pferd?
Wie lange eine Kolik beim Pferd dauert ist davon abhängig, um was für eine Kolik es sich handelt und wie stark die Symptome sind. Beispielsweise kann sich eine Sandkolik über mehrere Tage latent hinziehen, während einer Krampfkolik mit krampflösenden Mitteln schnell Abhilfe geschaffen werden kann. Klar ist, je schneller eingegriffen wird, desto besser. Ist die Kolik komplett überstanden und macht das Pferd auch wieder einen fitten Eindruck, kann zwei Tage nach dem Auskurieren wieder mit dem Reiten angefangen werden. Beginne hier jedoch langsam, steigere das Arbeitspensum und höre auf die Befindlichkeiten des Pferdes, um seine Gesundheit nicht erneut übermäßig zu stressen.
Soforthilfe: Das solltest du bei einer Kolik beim Pferd tun
Viele Kolikfälle verlaufen glimpflich. Informiere dennoch bei einem Kolikverdacht jederzeit den Tierarzt. In der Zwischenzeit kannst du diese Sofortmaßnahmen ergreifen:
1. Entziehe dem Pferd Futter und Wasser.
2. Führe das Pferd im Schritt, um die Darmaktivität anzukurbeln. Bei leichten Koliken kann auch leichtes bergauf und bergab Steigen lösend wirken.
3. Lass das Pferd sich wälzen oder hinlegen, motiviere es aber wieder auf zustehen, damit der Kreislauf nicht einschläft. Pferde versuchen auf diese Weise Krämpfe selbst zu lösen.
4. Im Winter oder bei Kälte: Mit einer Abschwitzdecke eindecken. Wärme kann für Entspannung der verkrampften Bauchmuskeln sorgen.
5. In Absprache mit dem Tierarzt: Gib pflanzliche, krampflösende Mittel wie MagenWohl. Diese können bei leichten Störungen des Verdauungstraktes Linderung schaffen.
6. Checke, ob dein Pferdehänger transportbereit ist.
7. Massieren während einer akuten Kolik ist nicht angebracht, weil es die Entzündung noch weiter verteilt. Aber sanftes über den Bauch Streichen, wenn das dem Pferd Entspannung bringt, ist in Ordnung.
Für mehrere Stunden sollte das Pferd kein Futter oder Wasser zu sich nehmen, damit das schlechte Futter, das die Störung hervorgerufen haben könnte, herauskommt und der Darm zur Ruhe kommt. Ist alles gut überstanden, kannst du dem Pferd ein verdauungsförderndes Mash geben. Auch aufgequollene Flohsamen und Leinsamen können hilfreich sein.