Pferdeweiden Teil 3: Achtung giftig! Giftpflanzen fürs Pferd erkennen
Sommerweiden können für manche Pferde als vollständige Futterversorgung dienen, weshalb sich verschiedene Grasarten auf einer Pferdeweide finden sollten. Um eine optimale und vielseitige Futtergrundlage zu schaffen, wählt der Anlagenbetreiber am besten ein Saatgut aus, die gezielt auf die Haltung von Pferden ausgelegt ist. Auch als Pferdebesitzer lohnt sich ein genauer Blick zwischen die Halme, um eine gewisse Grundkenntnis über Gräser, Kräuter und Giftpflanzen zu haben.
Wichtige Gräser für die Pferdeweide
Eine gute Pferdeweide sollte schmackhaft, strapazierfähig und schnell regenerationsfähig sein und einen ausreichenden Futterertrag liefern. Untergräser wachsen gerne in die Breite, haben kurze Halme und sorgen für eine dichte Grasnarbe, die den Boden vor Trittschäden durch Pferdehufe schützt. Obergräser dienen als Futterlieferant.
Dafür eignen sich folgende Gräser:
- Deutsches Weidelgras (dichte Grasnarbe, tritt- und verbissfest, sehr schmackhaft)
- Wiesenrispe (trittfest, sehr schmackhaft)
- Rotschwingel (Lückenfüller, gedeiht auch unter ungünstigen Bedingungen)
- Wiesenlieschgras (nährstoffreich, sehr schmackhaft)
- Wiesenschwingel (winterhart)
- Knaulgras (fruktanarm, trockenresistent, schmackhaft im jungen Stadium)
- < 20 % Weißklee (Lückenfüller, hochwertiger Eiweißlieferant)
- heimische Kräuter (Spitzwegerich, Brennnessel, Mariendistel, Löwenzahn, Wilde Möhre)
Deutsches Weidelgras: Freund oder Feind von Pferden?
Obwohl Weidelgras ein sehr fruktanreiches Gras ist, wird es gerne auf Pferdeweiden ausgesät. Der Grund: Weidelgras ist extrem strapazierfähig und stressresistent. Tiefer Verbiss, Huftritte und Trockenheit können dem widerstandsfähigem Gras nichts anhaben. Dadurch kann es den hohen Ansprüchen einer Pferdeweide gerecht werden.
Doch seine Resistenz kommt nicht von ungefähr, denn sogenannte Endophyten helfen dem Gras beim Überleben. Das sind Pilze oder Bakterien, die mit dem Gras eine Symbiose eingehen und das Gras in stressigen Zeiten durch die Bildung von Giften vor Verbiss, Dürre und Parasiten schützen. Diese Gifte können für das Pferd gesundheitsschädigend sein – insbesondere bei stoffwechselempfindlichen Pferden. Endophyten werden für das Pferd aber erst zur Gefahr, wenn das Wirtsgras unter Stress gerät. Um das zu vermeiden, sollte folgende Weidepflege betrieben werden:
- Pferde frühzeitig umweiden; nicht erst bis zur Grasnarbe abfressen lassen
- Anzahl der Pferde auf die verfügbare Weidefläche anpassen
- Stallbetreiber die Weide im Frühjahr düngen lassen
- Lücken und Trittschäden vermeiden, indem Pferde nicht bei nassem Boden rauskommen
Es ist daher nicht ratsam, stoffwechselempfindliche Pferde oder Pferde auf Diät auf abgefressene Weiden zu stellen, da sich unter dem tiefen Verbiss Gifte durch Endophyten bilden können und den Stoffwechsel zusätzlich belasten.
Unter guter Weidepflege gerät Weidelgras nicht unter Stress und sondert auch keine Gifte ab. Aufgrund seiner Schmackhaftigkeit, aber auch seiner Resistenz gegen Trockenheit und seiner hohen Trittfestigkeit auf Pferdeweiden wird Weidelgras gerne zum Pferdesaatgut gezählt.
Bezüglich seines hohen Fruktangehaltes kann es für vorerkrankte und übergewichtige Pferde mit empfindlichem Stoffwechsel neben ausreichend Bewegung ratsam sein, sie auf Weideflächen ohne Weidelgras zu stellen. Hierfür gibt es Saatgutmischungen ohne Weidelgras. Gesunde Pferde sollten, sofern die Futteraufnahme an ihre Bewegung angepasst ist, kein Problem mit Weidelgras haben.
Giftpflanzen – Welche Pflanzen dürfen auf keinen Fall auf die Pferdeweide?
Giftpflanzen enthalten Alkaloide und Bitterstoffe, die das Pferd einerseits durch unangenehmen Geschmack abschrecken sollen. Andererseits können sie ab einer gewissen Menge toxisch bis tödlich wirken. Die Giftigkeit der Pflanzen variiert durch den Giftgehalt, der wiederum von der Vegetationsperiode, Sonneneinstrahlung, Düngung, Witterung oder der Bodenkonsistenz abhängig ist.
Der Mythos, Pferde meiden intuitiv Giftpflanzen, stimmt nicht ganz. Denn nicht in allen Vegetationsstadien verströmen Giftpflanzen ausreichend Bitterstoffe, dass sie vom Pferd erkannt werden. Besonders kritisch wird es bei geringem, sonstigem Futterangebot und hungrigen, gefräßigen Pferden – da wird schneller einmal in die falsche Pflanze gebissen. Auch Pferde, die nicht von erfahrenen Pferden lernen konnten, weil sie beispielsweise in einer reinen Fohlenherde aufgewachsen sind, können nicht von den Erfahrungen älterer Pferde profitieren.
Habe daher immer ein wachsames Auge auf den Weiden und bei Ausritten und meide folgende Giftpflanzen:
Die hochgiftige Herbstzeitlose wirkt bereits ab einer Dosis von 50g tödlich und ist auch im getrocknetem Zustand im Heu hochgiftig. Herbstzeitlose erscheint im Frühjahr bis Hochsommer ohne Blüten, weshalb sie leicht mit ungiftigem Bärlauch verwechselt werden kann (Achtung: Verwechslungsgefahr!). Im August bis Oktober treten blassviolette Trichterblüten hervor. Einzig wirksame Behandlung ist das Ausstechen der Pflanzen Anfang Mai und das Zerstören der Zwiebel.
Jakobskreuzkraut – hochgiftig
Das hochgiftige Jakobskreuzkraut ist leider auf vielen Pferdeweiden vertreten und ist durch seine braune Stängelbasis gut vom leicht giftigen Johanniskraut unterscheidbar. Jakobskreuzkraut ist bereits ab 40-80g pro Kilogramm Körpergewicht tödlich durch Leberschädigung. Im frischen Zustand meiden Pferde das Kraut aufgrund des unangenehmen Geruchs. Im Heu hingegen verliert es seine Bitterstoffe, jedoch nicht seine Giftigkeit, weshalb es von Pferden unwissentlich gefressen wird und zum Tod führen kann! Jakobskreuzkraut verbreitet sich stark und sollte vor der Samenbildung ausgestochen werden.
Hahnenfuß – giftig
Hahnenfuß genannt ist eine giftige, gelb blühende Pflanze. Sie kommt vor allem in feuchten Gebieten und auf überweideten Koppeln vor. Sie wird von Pferden stehen gelassen, weshalb sie sich bei Überweidung immer weiter ausbreitet, bis das Pferd nicht mehr ausreichend selektieren kann. Im Heu verliert Hahnenfuß seine Giftigkeit.
Eibe – hochgiftig
Eibe ist bereits in kleinen Mengen hochgiftig und tödlich. Das Pferd braucht nur 100-150g des Nadelbaums mit den roten Beeren und schwarzen Samen zu fressen und kann daran verenden. Sowohl Nadeln, Beeren, Samen, Rinde und kleine Zweige können den Tod in wenigen Minuten durch Herzversagen hervorrufen. Eiben finden sich oftmals in der Nähe von Weidezäunen und Waldwegen.
Bergahorn – giftig
Bei Bergahorn sind vor allem die Samen und Keimblätter giftig, die beim Pferd zu Muskelerkrankungen (Weidemyopathie) mit oftmals tödlichen Folgen führen kann. Im Frühjahr, wenn der Graswuchs unter 10 cm beträgt, können Keimlinge versehentlich vom Pferd aufgenommen werden. Im Herbst sind die Flügelfrüchte kritisch, auf die Pferde zurückgreifen, wenn bereits alle Weiden und Koppeln abgefressen sind. Füttere auf jeden Fall Heu zu. Pferde reagieren unterschiedlich stark auf eine Vergiftung durch Bergahorn. Dabei reichen 32 bis 9.000 gefressene Samen aus.
Fingerhut – hochgiftig
Der Fingerhut mit seinen auffälligen Glockenblüten ist sowohl frisch als auch getrocknet hochgiftig. Im Heu führen bereits 25g Tod, während 100g frische Blätter tödlich wirken. Da der Fingerhut unter Naturschutz steht, darf er nicht entfernt werden. Entdeckst du ihn auf der Pferdeweide oder in der Nähe, sollte auf eine neue Wiese umgezogen werden.
Buchsbaum – hochgiftig
Buchsbäume werden sehr gerne als Dekorationen auf Turnieren eingesetzt und kunstvoll zurechtgeschnitten. Eigentlich sollte dieses Gewächs so weit wie möglich von Pferden entfernt wachsen, da bereits 700 bis 900g Blätter tödlich wirken können. Neben Krämpfen führt Buchsbaum auch zu Lähmungserscheinungen, die schließlich in Herz- und Atemlähmung zum Tod führen.
Thuja/Lebensbaum – hochgiftig
Auch gerne auf einem Turnier gesehen, ist der Zierstrauch Thuja. Der Baum oder Strauch mit den länglichen bis kugelförmigen kleinen Zapfen riecht besonders aromatisch, ist jedoch hochgiftig. Das Pferd braucht nur 500g davon zu fressen, um an einer Vergiftung zu verenden.
Robinie – hochgiftig
Die Robinie ist ein Baum mit gelblichen bis rosafarbenen Blüten, die von Mai bis Juni in dichten Trauben herabhängen. Die Samen finden sich in rotbraunen Hülsen. Das Gift findet sich in der Rinde, die bereits bei 150g für das Pferd tödlich enden kann. Da das Holz süßlich riecht und schmeckt, wird sie gerne gefressen. Auf gar keinen Fall darf Robinienholz als Knabberholz oder im Stallbau verwendet werden!
Weitere giftige Pflanzen sind:
- Eiche
- Farne/Adlerfarn
- Gefleckter Schierling
- Schwarze Tollkirsche
- Goldregen
- Graukresse
- Gunderman/Gundelrebe
- Kirschlorbeer
- Sumpfschachtelhalm
- Adonisröschen
- Maiglöckchen
Wie geht man mit Giftpflanzen auf der Pferdeweide um?
Lass dein Pferd nur auf dir bekannten und Giftpflanzenfreien Weiden fressen. Auf fremden Wiesen und Weiden solltest du dein Pferd niemals grasen lassen. Das gleiche gilt für Pausen bei langen Ausritten.
Der beste Schutz der Pferde ist, die Giftpflanzen zu lokalisieren und umgehend zu entfernen. Auch Mähweiden, die zur Heugewinnung genutzt werden, müssen auf Giftpflanzen hin untersucht werden. Denn viele Giftpflanzen, wie beispielsweise die Herbstzeitlose, verlieren im getrockneten Zustand ihre Giftstoffe nicht, jedoch ihre Bitterstoffe. Dadurch ist es für das Pferd nicht mehr möglich, zwischen fressbar und toxisch zu unterscheiden.
Gehe regelmäßig und zu jederzeit in der Weidesaison die Koppelflächen deines Pferdes ab und entferne unerwünschte Pflanzen. Besonders vor der Samenbildung sollten giftige Pflanzen entfernt werden, damit sie sich nicht weiter ausbreiten.
Achtung!
Bereits der Hautkontakt kann bei manchen Giftpflanzen zu Hautirritationen führen. Fass daher Giftpflanzen ausnahmslos nur mit Handschuhen an, damit giftige Stoffe nicht über offene Wunden oder die Haut in den Körper gelangen.
Das Pferd hat Giftpflanzen gefressen – was tun?
Hat dein Pferd trotz aller Vorsichtsmaßnahmen giftige Pflanzenteile zu sich genommen, handle rasch:
- Nimm das Pferd von der Fläche, auf der es die Giftpflanze gefressen hat
- Stelle ihm ausreichend Wasser zur Verfügung
- kontaktiere den Tierarzt
- Sammle alle Teile der Giftpflanze ein, um sie dem Tierarzt vorzuzeigen
Im Falle eines Falles halte für deinen Tierarzt folgende Informationen bereit:
- Welche Pflanzen hat das Pferd gefressen und wie viel davon?
- Welche Symptome kannst du beobachten? Gleichgewichtsstörungen, Atemnot, erhöhter Puls, Muskelzittern, Speichelfluss, Krämpfe, Lähmungen oder Kolik.
Wann, wie schnell und wie akut Symptome einer Vergiftung auftreten, ist stark abhängig von der aufgenommenen Menge und der Art des Gifts. Wenn sich das Gift im Körper durch eine dauerhafte Aufnahme nach und nach anreichert, kann es passieren, dass sich die Auswirkungen gefressener Giftpflanzen erst Monate später zeigen. Eine Rückverfolgung macht dies umso schwieriger. Eine regelmäßige Kontrolle der Weideflächen ist damit die sicherste Vorkehrung, das Pferd vor einer Vergiftung zu schützen.
Lies hier unsere Pferdeweide-Reihe weiter:
Pferdeweiden Teil 1: Sichere Pferdekoppeln – Grundlagen für den Weidezaunbau
Pferdeweiden Teil 2: Das Herz des Elektrozauns: Welches Weidezaungerät ist für Pferde das richtige?
Pferdeweide Teil 4: Start in die Weidesaison – Pferde im Frühjahr richtig anweiden