Reiten in der Schwangerschaft
In einer von uns durchgeführten Instagram-Umfrage gaben von über 2100 Teilnehmerinnen knapp die Hälfte an, in der Schwangerschaft geritten zu sein und das sogar über den sechsten Schwangerschaftsmonat hinaus. Doch wie steht es um das Risiko für Mutter und Kind, wenn man in der Schwangerschaft reitet? Wir klären die häufigsten Fragen rund um das Thema Reiten in der Schwangerschaft und geben wertvolle Tipps, um Risiken zu minimieren und das Wohlbefinden zu steigern.

Wie gefährlich ist es, schwanger zu reiten?
Der Reitsport gehört neben Skifahren und Mountainbiken zu den Top-Risikosportarten im Freizeitbereich. Insbesondere das hohe Risiko, bei Stürzen oder Tritten ein Schädel-Hirn-Trauma zu erleiden, macht den Reitsport so gefährlich. Das Risiko, sich im Laufe des Lebens eine Kopfverletzung zuzuziehen, ist bei Reiterinnen und Reitern doppelt so hoch als bei Menschen, die nicht reiten.
Laut einer Studie der Medizinerin Susanna Kramarz ist beim Ausüben des Reitens als Freizeitsportart bei Vorliegen einer intakten Schwangerschaft und einer gesunden Reiterin das Risiko für Früh- oder Fehlgeburten in den ersten Schwangerschaftsmonaten nicht erhöht, ebenso wie das Risiko für Komplikationen während der Geburt.
Nichtsdestotrotz: Kommt es zu einem Sturz oder Tritten, kann die Gesundheit von Mutter und ungeborenem Kind erheblich in Gefahr sein. Hier können „Fehl- und Frühgeburten als Unfallfolge nicht ausgeschlossen werden“. Ob eine Reiterin dieses potentielle Risiko für sich und ihr Kind in Kauf nimmt, muss individuell und möglichst in Absprache mit dem behandelnden Gynäkologen und der Hebamme entschieden werden.

Welche Vorteile hat das Reiten in der Schwangerschaft?
Grundsätzlich ist moderater Sport in der Schwangerschaft förderlich für die allgemeine Fitness und das Wohlbefinden der Mutter. Denn die bevorstehende Geburt erfordert einen guten Allgemeinzustand – sowohl körperlich als auch mental.
Generell senkt Sport in der Schwangerschaft den Blutdruck und das Risiko, an Schwangerschaftsdiabetes zu erkranken. Zudem können durch viel Bewegung die klassischen Beschwerden wie Müdigkeit, Rückenschmerzen sowie Verstopfung oder Schlafstörungen vorgebeugt werden. Sport in der Schwangerschaft verbessert zudem die Kondition und die Selbstwahrnehmung, die für einen positiven Geburtsverlauf förderlich sein können. Die Vorzüge von Sport in der Schwangerschaft lassen sich problemlos auf moderates Reiten übertragen. Insbesondere das Reiten fördert die Beckenbodenmuskulatur, die essentiell ist, um z.B. Harninkontinenz während und nach der Schwangerschaft effektiv vorzubeugen.
Jedoch liegt die Betonung bei moderater Aktivität, denn durch Überbelastung kann es durchaus zu körperlichen Beschwerden wie Atemnot, Übelkeit, Kreislaufbeschwerden oder Unterbauchbeschwerden kommen. Um dies zu vermeiden, sollte man auf seinen Körper hören. Zudem hilft der sogenannte Talk-Test bei der Einschätzung, ob man noch im moderaten aeroben Bereich trainiert. Kannst du beim Reiten noch bequem sprechen, ohne angestrengt zu sein, ist die Intensität genau richtig.
Stallarbeit und Pferdepflege sind kräftezehrend
Neben dem Reiten sind es auch Stallarbeit und die Pferdepflege, die eine Schwangere ganz schön aus der Puste bringen können. Das Heben von schweren Gegenständen sollte insbesondere in der Frühschwangerschaft sowie in den letzten Schwangerschaftswochen vermieden werden. Bänder und Sehnen sind durch die Schwangerschaftshormone weicher und lockerer und reagieren dadurch schneller bei Überanstrengung mit Überdehnungen. Achte daher bei den Arbeiten rund ums Pferd auf dein Wohlbefinden und kümmere dich frühzeitig um Unterstützung, falls sie benötigt wird!
Worauf sollte man beim Reiten in der Schwangerschaft achten?
In der Studie von Susanna Kramarz wird gezeigt, dass das Unfallrisiko durch sicherheitsbewusstes Reiten gesenkt werden kann. Jedoch stellt Kramarz richtigerweise dar: „No horse is a safe horse“, denn auch bei risikobewusstem Verhalten im Umgang mit dem Pferd lässt sich das Unfallrisiko nie gänzlich ausschalten.
Wenn du in der Schwangerschaft reiten willst, solltest du folgende Aspekte beachten:
- Unterlasse möglichst die Arbeit mit jungen und schwierigen Pferden
- Reite möglichst auf Verlasspferden, die du gut kennst
- Gehe im Umgang mit dem Pferd keine unnötigen Risiken ein
- Reite auf dem gesicherten Reitplatz oder in der Reithalle
- Reite nie unbegleitet
- Reiten im leichten Sitz kann in der Schwangerschaft entlastend sein
- Passe dein Training an dein aktuelles Wohlbefinden an
- Höre auf deine körperlichen und mentalen Grenzen und höre mit dem Reiten auf, sobald du Beschwerden verspürst
- Nutze für das Aufsteigen eine Aufsteighilfe
- Lass dich bei der Stallarbeit und Pferdepflege unterstützen
- Bereite frühzeitig einen Plan B vor, falls du selbst nicht mehr reiten kannst oder möchtest (Reitbeteiligung, Bodenarbeit oder Spazierengehen als Kontrastprogramm)
- Nimm regelmäßig deine Kontrolltermine beim Gynäkologen oder bei der Hebamme zum Anlass, um medizinisch abzuklären, ob du noch weiterhin reiten kannst
- Achte mit passender Schwangerschaftskleidung darauf, dass dein Bauch optimal unterstützt wird und du dich beim Reiten wohlfühlst
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Haben es Reiterinnen schwerer bei der Geburt?
Hierbei handelt es sich definitiv um einen Mythos. Man sagt, dass die Beckenbodenmuskulatur bei Reiterinnen ausgeprägter ist. Eine Studie der Sporthochschule Oslo aus dem Jahr 2013 konnte jedoch widerlegen, dass ein gut trainierter Beckenboden den Geburtsverlauf negativ beeinflusst. Weder das Risiko für einen Geburtsstillstand noch für einen dadurch indizierten Eingriff in Form einer Saugglocke oder eines Kaiserschnitts seien erhöht.
Im Gegenteil: ein gut trainierter Beckenboden hat sogar Vorteile für die werdende Mutter. Die Rate von Dammrissen oder erforderlichen Dammschnitten während der Geburt sinkt und das Harninkontinenzrisiko während und nach der Schwangerschaft wird nachweislich reduziert.

Anatomie des Beckenbodens: Mit gezielten Entspannungsübungen für den Beckenboden kannst du dich auf die bevorstehende Geburt vorbereiten.
Um optimal auf die Geburt vorbereitet zu sein, ist es ratsam, die Beckenbodenmuskulatur bewusst entspannen zu können. Dies kannst du mit gezielten Übungen, die dir deine Hebamme bei der Geburtsvorbereitung zeigt, trainieren.
Reiten nach der Geburt – wie geht es weiter?
Während der Schwangerschaft und der Geburt werden Beckenboden und Bauchmuskulatur extrem beansprucht. Gib deinem Körper Zeit, um mental und körperlich zu heilen. Mit einer sanften Rückbildung kannst du frühestens nach dem medizinischen Check-Up durch dein*e Gynäkolog*in starten. Wann du wieder aufs Pferd steigst, solltest du je nach Geburtsverlauf ärztlich abklären.
Quellen:
Dr. med. Susanna Kramarz, Reiten in der Schwangerschaft, Diss., Ludwig-Maximilians-Universität zu München 2011.
Dr. med. dent. Jane Schier, Kopfverletzungen durch Reitunfälle und Risikosportarten und deren psychische Folgen, Diss., Technische Universität München 2018.
Bundesinstitut für Sportwissenschaft, Schädel-Hirn-Trauma im Reitsport, URL: https://www.bisp-sht.de/SHT/DE/Service/Service_Leiste/Sportarten/Reiten.html (Stand: 14.03.2025).