Der Sattelkauf: Darauf solltest du achten
Ein hochwertiger Sattel kann eine kostspielige Investition sein, die sich aber lohnt. Immerhin geht es hier um die Gesundheit und das Wohlbefinden des Pferdes und in der Folge um seine Leistungsfähigkeit. An sich ist der Sattelkauf ein heikles Thema, das sensibel behandelt und die Passform des Sattels mit einem kritischen Auge beurteilt werden muss. Bevor man sich mit einem Sattel zufrieden gibt, müssen einige Punkte bedacht und analysiert werden, damit sowohl Reiter als auch Pferd lange Zeit damit glücklich sind.
Sattelbeurteilung: Passt der Sattel zu mir und meinem Pferd?
Beim Sattelkauf kommt es auf eine umfangreiche Beurteilung an. Zuallererst muss der Sattel zum Pferd passen. Jedes Pferd hat eine individuelle Rückenform, die außerdem durch Alter, Futterstand und Muskelstand im Laufe der Zeit variieren kann. In seiner Grundform muss der Sattel zum Schwung des Pferdes passen. Hierbei spielt die Form des Sattelbaums eine entscheidende Rolle, aber auch die Form und Größe der Sattelkissen und des Kopfeisens. Dafür muss der Sattler das Pferd ausmessen, um entweder ein anpassbares Modell zu finden oder auf Basis der ermittelnden Daten einen Maßsattel zu erstellen.
Auf der anderen Seite muss ein Sattel auch dem Reiter passen und ihn bequem und locker sitzen lassen. Bei der Sattelbeurteilung aus Sicht des Reiters kommt es auf die Sitzfläche an. Ein guter Sattel ist nicht schnell gefunden und ausgesucht. Daher muss jeder Sattel bei der Anprobe mindestens 20 Minuten geritten und in allen Gangarten ausprobiert werden. Denn erst nach einer gewissen Nutzungsdauer sitzt sich der Sattel ein, da das Material entsprechend nachgibt. Je häufiger und intensiver der Sattel genutzt wird, desto schneller ist er eingesessen.
Der Sattelbaum gibt den Schwung des Sattels vor
Der Schwung des Sattels wird durch den Schwung des Sattelbaums vorgegeben. Bei einem Maßsattel ist das kein Problem, denn der Sattler kann den Pferderücken ausmessen und sogar ein 3D-Modell erstellen, das als Grundlage für den Maßsattel dient. Bei Konfektionssätteln oder Gebrauchtsätteln gestaltet sich das Finden des richtigen Sattelbaums etwas schwieriger, da hier die Basis des Sattels bereits vorgegeben ist. Je nach Zustand des Sattels und seiner Polsterung kann der Sattler etwas an der Passgenauigkeit nachjustieren. In der Grundform müssen aber Pferd und Sattel, wie auch ihre Schwerpunkte zusammenpassen.
Hat der Sattelbaum zu wenig Schwung, liegt der Sattel wie eine Brücke vorne und hinten, aber nicht in der Mitte auf. Das führt zu Druckspitzen, Verspannungen bis hin zu entzündeten Muskeln. Dieser Brückeneffekt kann sich während des Reitens, wenn das Pferd den Rücken anhebt, senkt oder biegt noch weiter verstärken.
Hat der Sattelbaum zu viel Schwung, liegt er in der Mitte auf und drückt auf die empfindlichen Dornfortsätze – der Wirbelkanal bleibt nicht frei. Dieser Effekt wird zusätzlich verstärkt, wenn das Pferd den Rücken aufwölbt, was eigentlich Trainingsziel ist, aber bei einem nicht passenden Sattel zu Schmerzen beim Pferd führt.
Beim Sattelkauf solltest du gemeinsam mit dem Sattler oder Sattelanpasser den Sattel in verschiedenen Haltungen und Stellungen des Pferdes ausprobieren. Es erfordert einiges an Fingerspitzengefühl und verschiedenen Messtechniken, um herauszufinden, ob der Schwung des Sattels zum Schwung des Pferderückens passt.
Wenn du einen Sattel kaufst, achte auf ein faltenfreies, glattes Sitzleder und ob sich eindeutige Asymmetrien im Sattelbaum befinden. Der Sattelbaum darf nicht quietschen, knarren oder sich merklich bewegen lassen. Bewegung, faltiges Sitzleder und unpassende Geräusche sind ein Indiz für Beschädigungen des Sattelbaums.
Die Sitzfläche wird ebenfalls vom Sattelbaum beeinflusst, was ein Entscheidungskriterium für den Reiter ist. Denn dieser soll nicht durch Vorder- und Hinterzwiesel eingeengt werden. Weiteres zur Sitzgröße findest du im entsprechenden Abschnitt.
Ausreichend Widerristfreiheit durch die richtige Kammerweite
Eines der wichtigsten Kriterien beim Sattelkauf ist die Widerristfreiheit, die u.a. durch die Kammerweite gewährleistet wird. Der Widerrist wird durch die langen Dornfortsätze der 3. bis 8. Brustwirbel gebildet, die nur mit einer dünnen Hautschicht überzogen sind. Daher ist dieser Bereich nicht wie die restliche Wirbelsäule durch einen langen Muskel geschützt und ist daher sehr druck- und reibungsempfindlich. Demnach muss der Sattel so gebaut sein, dass der Widerrist frei bleibt.
Die Kammerweite gibt die Breite des Sattels an, deren Innenabstand zwischen den Kissenansätzen gemessen wird. Häufig wird die Kammerweite mit der Ortweite, also dem Abstand der Orte des Kopfeisens verwechselt. Doch beide Werte stimmen nicht miteinander überein! Während die Ortweite durch die Winkelung und Länge des Kopfeisens vorgegeben wird, wird die Kammerweite durch die Form und Dicke der Sattelpolster bestimmt. Je dicker die Polster also sind und je weiter oben sie am Sattel angenäht sind, desto kleiner wird die Kammerweite. Rücken die Polster nach unten, entsteht ein größer Abstand und damit auch eine größere Kammerweite. Wie groß die Kammerweite nun für das Pferd sein muss, wird durch die Schulterblätter und den Widerrist vorgegeben.
Ist das Kopfeisen zu weit, wird der Sattel auf den Widerrist drücken und einen Satteldruck verursachen. Fällt es hingegen zu klein aus, werden nicht nur die Muskeln um den Widerrist gequetscht, sondern der Sattel erhält zudem eine instabile Lage. In vielen modernen Sattelmodellen sind veränderbare Kopfeisen eingebaut, die entweder stufenlos verstellt oder einfach ausgetauscht werden können.
Winkelung des Kopfeisens
Die Kammerweite wird oftmals mit dem Kopfeisen und seiner Winkelung verwechselt, was bei der Sattelbeurteilung und -anpassung zu Problemen führen kann. Sie gehen zwar Hand in Hand, sind dennoch voneinander zu trennen. Das Kopfeisen bestimmt einerseits die Ortweite, die den Freiraum zwischen den Ortspitzen des Kopfeisens ausmacht, und zeichnet andererseits die Winkelung der Pferdeschulter ab. Auf die Ortweite ist beim Sattelkauf kein Verlass, da sie von Sattelmodell zu Sattelmodell und von jedem Hersteller anders definiert wird. Denn selbst bei demselben Sattelmodell kann die Ortweite variieren, da sie auch von der Länge der Orte beeinflusst wird. Je länger die Orte sind, desto größer wird der Abstand zwischen den Ortspitzen bei gleichbleibendem Kopfeisenwinkel. Die meisten Ortweiten liegen zwischen 26 und 36 cm. Allerdings kommt man nur übers Probieren, Ausmessen und Anpassen zur richtigen Ortweite und Kopfeisengröße.
Das Kopfeisen muss die Rumpfform des Pferdes nachbilden, die Orte liegen parallel zum Schulterblatt und zeigen senkrecht Richtung Boden. Um dies zu überprüfen, wird die flache Hand unter den Sattel geschoben. Ist das Kopfeisen zu weit eingestellt, zeigen die Ortspitzen vom Pferd weg. Der Sattel hat keinen Halt mehr und rutscht nach vorne. Ist das Kopfeisen zu eng eingestellt, klemmen die Orte die Schulterblätter ein. Das Pferd kann die Schulter nicht mehr rotieren, ohne dass der empfindliche Knorpel gegen den Sattel stößt.
Dieser Sachverhalt wird zusätzlich durch das Reitergewicht verstärkt. Es kommt zu Verspannungen und auf lange Sicht zu Blockaden. Ob das Schulterblatt also frei rotieren kann, kann durch Anheben und nach vorne Ziehen der Vorderbeine untersucht werden. Liegt der Sattel richtig in Position und stimmt die Einstellung des Kopfeisens, liegt die knorpelige Kante des Schulterblatts vor dem Sattel, ohne dagegen zu stoßen.
Moderne Sattelmodelle verfügen sogar über (stufenlos) verstellbare oder austauschbare Kopfeisen. Das vereinfacht die Sattelanpassung, vor allem bei körperlichen Veränderungen des Pferdes.
Die Breite des Wirbelkanals und die Größe der Auflagefläche
Die Mitte des Pferderückens bildet sich aus den Dornfortsätzen, an denen direkt empfindliche Bänder anschließen. Umgeben ist das sensible Konstrukt durch den langen Rückenmuskel. Der Sattel darf nicht auf den Dornfortsätzen und den Bändern aufliegen. Aus diesem Grund bildet der Sattel durch Sattelpolster einen Wirbelkanal. Dieser muss nicht nur ausreichend hoch, sondern auch breit sein, da die Sattelkissen nur auf dem Rückenmuskel zum Liegen kommen dürfen. Um die Breite des Wirbelkanals zu ermitteln, werden die Dornfortsätze vorsichtig ertastet. Links und rechts verlaufen circa zwei Finger breit die empfindlichen Bänder. Bereits dann beginnen die Rückenmuskeln, die das Gewicht des Sattels tragen können. Von Außenkante zu Außenkante der Bänder sind ungefähr fünf Fingerbreit notwendig, um die Wirbelsäule frei zu halten. Die meisten Sättel haben mindestens vier Finger breite Wirbelkanäle.
Doch der Breite des Wirbelkanals sind auch Grenzen gesetzt: Die Auflagefläche des Sattels sollte dort enden, wo die Rippen spürbar aus dem Brustkorb hervorkommen. Ein breiter Wirbelkanal und eine große, gleichmäßige Auflagefläche des Sattels ist entscheidend, darf aber nicht den Rippenbogen einengen. Außerdem werden Einbußen bei der Auflagefläche gemacht, je größer der Wirbelkanal wird, was sich negativ auf die Druckverteilung auswirkt. Der Wirbelkanal sollte also so breit wie möglich, aber so schmal wie nötig sein.
Die meisten Sattelmodelle verfügen über einen gerade geschnittenen Wirbelkanal, damit das Pferd in der Biegung mit den Dornfortsätzen nicht an den Sattel stößt. Der Wirbelkanal einiger Sättel kann sich aber auch nach hinten verjüngen.
Und schließlich sollte die Auflagefläche länger und breiter sein als die Sitzgröße, damit das Reitergewicht besser verteilt wird.
Sattellänge und Sattelkissen
Die Sattellage des Pferdes wird vorne durch das Schulterblatt und hinten durch den 18. Brustwirbel begrenzt. Ein passender Sattel darf weder das Schulterblatt am Rotieren hindern, noch auf die Organe hinter dem 18. Brustwirbel drücken. Wie man die Sattellage erfühlt und bestimmt, liest du im unteren Abschnitt. Dabei wird die Länge des Sattels durch die Länge der Sattelkissen beeinflusst. Ragen die Sattelkissen in die Lende können Schmerzen durch Abdrücken von Niere, Milz, Darm und bei Stuten der Eierstöcke entstehen. Das Pferd versucht dann entweder durch Fortrennen dem Schmerz zu entkommen oder es wird triebig, beginnt zu bocken und zu treten.
Um nicht an der Sitzgröße des Reiters sparen zu müssen, kann bis zu einem gewissen Grad die Sattellänge durch die Form der Sattelkissen beeinflusst werden. Bananenkissen zeichnen den Schwung des Sattels nach und eignen sich daher für kurze, geschwungene Rücken. Hat das Pferd viel Auflagefläche und einen eher geraden Rücken, kann man mit Keilkissen für mehr Sattelauflage sorgen. Diesen Sachverhalt haben wir im Kapitel „Aufbau des Sattels“ noch einmal ausführlicher beleuchtet.
Weiterhin kann man mit Sattelkissen eine ungleichmäßige Bemuskelung des Pferdes ausgleichen. Kein Pferd ist aufgrund seiner natürlichen Schiefe auf beiden Körperseiten gleich stark bemuskelt. Betrachtet man das Pferd von hinten mit aufgelegtem Sattel, kann man ein eventuelles Ungleichgewicht erkennen, das durch die Sattelkissen begradigt werden kann. Aber Achtung, das Pferd sollte eher durch ein gezieltes Training geradegerichtet und muskulär aufgebaut werden, anstatt allein auf Sattelkissen und Sattelpads zu setzen.
Weiterhin bestimmen Sattelkissen, ob der Schwerpunkt des Sattels mittig und in der Nähe des Schwerpunktes des Pferdes liegt. Liegt der Sattelschwerpunkt beispielsweise sehr weit hinten, wodurch der Reiter in einen Stuhlsitz verfällt, kann der Sattel von hinten mit Keilkissen aufgepolstert werden und ihm Höhe verliehen werden.
Die Füllmenge der Sattelkissen entscheidet weiterhin darüber, wie gut das Reitergewicht verteilt wird. Die Polsterung darf weder zu voll noch zu locker gestopft sein. Ist der Sattel zu wenig gepolstert, verliert er seinen Schwerpunkt, seine Stabilität und damit seine Fähigkeit, den Druck zu verteilen. Ist der Sattel zu fest gepolstert, federt er nicht mehr und erzeugt unangenehme Druckspitzen im Pferderücken. Korrekt gepolstert benötigt der Sattel nur noch eine dünne Sattelunterlage, um das Leder zu schützen.
Zu guter Letzt ist ein Blick auf die Winkelung der Sattelkissen erforderlich, indem man die flache Hand unter den Sattel schiebt. Die Kissen sollten gleichmäßig auf dem Pferderücken aufliegen. Bei einem zu engen Winkel, liegen die Kissen nur außen auf und erzeugen dort punktuellen Druck. Dann schwebt der Sattel über dem Pferd. Ist der Kissenwinkel zu groß, wird der Wirbelkanal nicht mehr aufrecht gehalten, der Sattel drückt auf die Wirbelsäule und schwimmt zudem vor und zurück.
Die Sitzfläche – Kaufkriterium für den Reiter
Ein Reitsattel sollte auch dem Reiter passen. Für ihn ist die Sitzgröße des Sattels Entscheidungskriterium. Erst, wenn der Reiter bequem sitzt, weder eingeengt wird noch hin und her rutscht, kann er korrekte Hilfen geben. Übliche Sitzgrößen für Erwachsene liegen zwischen 16,5 Zoll (36 cm) und 18 Zoll (42 cm), wobei 17 bis 17,5 Zoll am häufigsten vertreten sind. Die Sitzfläche für Kinder- oder Ponysättel kommt mit 16,5 oder weniger Zoll aus.
Die Sitzgröße wird meistens vom Sattelknopf bis zur Mitte des Hinterzwiesels gemessen. Doch wie auch bei der Kammer- und Kopfeisenweite variieren die Messvarianten von Hersteller zu Hersteller. Denn auch die Messung von Vorderkante/Vorderzwiesel bis zur Mitte des Hinterzwiesels ist möglich, andere Hersteller messen den Sattelbaum und leiten daraus die Sitzgröße ab. Demnach müssen Reiter verschiedene Sitzgrößen bzw. Sattelmodelle ausprobieren. Bereits ein halber Zoll kann einen großen Unterschied im Komfort ausmachen.
Doch auch Form und Schwung der Sitzfläche entscheiden über den Sitzkomfort des Reiters. Grund hierfür ist der sogenannte Twist. Das ist der Bereich des Sattels, der direkt an den inneren Oberschenkeln liegt. Die Breite des Twists ändert sich von einem Sattelmodell zum nächsten. Der obere Innenschenkel muss gleichmäßig auf dem Twist aufliegen. Drückt der Twist Beine und Hüfte auseinander, entstehen genauso Schmerzen beim Reiter, wie wenn der Oberschenkel gar keinen Kontakt hat.
Beim Sattelkauf sollte man in diesem Zusammenhang bedenken, dass Männer und Frauen anatomisch unterschiedlich gebaut sind. Frauen bevorzugen aufgrund ihrer Anatomie oftmals einen engeren Twist als Männer. Die Breite oder Enge des Twist hat nicht zwingend mit der Breite des Pferdes zu tun, denn ein breiter Sattel kann auch über einen schmalen Twist verfügen.
Schließlich spielt noch das Reitlevel eine Rolle, ob man eher eine flache Sitzfläche oder einen tiefen Sitz bevorzugt. Reitanfängern kann es schwerfallen, sich in einem flachen Sattel in der richtigen Position zu halten. Tiefe Sättel mit hohem Hinterzwiesel sind daher für Reitanfänger besser geeignet.
Der Profi muss ran!
Kauf und Anpassung eines Sattels sind ein sensibles Thema, immerhin geht es hier um das Wohlbefinden und die Gesundheit des Pferdes. Selbst wenn man als Pferdebesitzer ein Grundverständnis für die Passgenauigkeit des Sattels hat, sollte man die Anpassung stets einen Fachmann durchführen lassen. Sattler und Sattelanpasser sind hierbei die richtigen Ansprechpartner. Die Sattelberater in unseren MEGA STORES stehen dir bei der Sattelberatung gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Wie muss der Reitsattel richtig liegen? Reiten im Schwerpunkt
Selbst ein passgenauer Sattel kann künstlich erzeugten Satteldruck verursachen, wenn er nicht korrekt auf dem Pferderücken liegt. Aufgelegt wird der Sattel auf den Widerrist, um anschließend nach hinten in Position gezogen zu werden, damit das Fell nicht bricht. Die Orte des Kopfeisens liegen parallel, direkt hinter dem Schulterblatt, die Ortspitzen zeigen senkrecht in Richtung Boden. Die Sattelkissen enden vor dem letzten Rippenbogen beim 18. Brustwirbel. Die äußere Grenze des Sattels kann ermittelt werden, indem man die letzte Rippe ertastet und ihrem Verlauf bis zur Wirbelsäule folgt. Bei dicken Pferden, bei denen die Rippen nicht ertastet werden können, kann man die Stelle der Flanke als Anhaltspunkt nehmen, an der das Fell in die entgegengesetzte Richtung wächst. Auch hier zieht man eine Verlängerung bis zur Wirbelsäule.
Steht man hinter dem Pferd und betrachtet den aufgelegten Sattel, sollte er mittig liegen und nicht zur einen oder anderen Seite tendieren.
Wie in den vorherigen Abschnitten ausführlich beschrieben, bildet der Sattel den Schwung und Körperbau des Pferdes ab. Idealerweise stimmen dann auch Schwerpunkt von Sattel und Pferd überein.
Der Schwerpunkt des Sattels vs. Schwerpunkt des Pferdes
Korrektes Reiten dreht sich um das Reiten im Schwerpunkt. Damit das möglich ist, sollte der Reiter mit seinem Sattel direkt über oder zumindest in direkter Nähe zum Schwerpunkt des Pferdes sitzen. Der Schwerpunkt des Sattels beschreibt den tiefsten Punkt der Sitzfläche und ist leicht ermittelt: Legt man ein rundes Leckerli in den Sattel, sollte es ca. in der Mitte des Sattels zum Liegen kommen. Ist das nicht der Fall, muss der Sattel vorne oder hinten korrigiert werden.
Den Schwerpunkt des Pferdes zu ermitteln ist hingegen nicht ganz so leicht, denn im Gegensatz zum Sattel befindet sich der Schwerpunkt nicht in der Mitte des Pferdes. Oftmals liegt er auf Höhe des 9. oder 10. Brustwirbels, kann aber je nach Körperbalance des Pferdes variieren. Das Pferd ist immer in seiner Gesamtheit zu betrachten und Vor- und Hinterhand ins Verhältnis zu setzen:
- Ziehe beim stehenden Pferd eine Verbindungslinie vom Schultergelenk zur Mitte des Widerrists (Winkelung Schulter)
- Eine weitere Verbindungslinie verläuft vom Hüftgelenk zum Hüfthöcker (Winkelung Hüfte)
- Darunter, wo sich die Linien über dem Pferd treffen, befindet sich der Schwerpunkt des Pferdes.
Logischerweise sollte der Sattelschwerpunkt an dieser Stelle liegen. Da das nicht immer möglich ist, sollten sich die Schwerpunkte wenigstens annähern.
Liegt der Schwerpunkt des Sattels zu weit hinten, aber die Steigbügelaufhängung weiter vorne, kommt ein Stuhlsitz mit blockiertem Becken zustande. Dann sind keine korrekten Hilfen möglich, selbst der verwahrende Schenkel erfordert eine größere Kraftanstrengung und der Reiter verkrampft. Der Reiter kann sich zum Leichttraben oder Entlasten nur schwer aus dem Sattel heben. Außerdem drückt das Reitergewicht in die Lenden des Pferdes.
Liegt der Schwerpunkt des Sattels vorne und vor der Steigbügelaufhängung, kippt der Reiter nach vorne und bekommt einen Spaltsitz. Der Reiter kann in der Folge nur schwer einsitzen und das Pferd zur Versammlung bringen. Das Pferd versucht das vorgekippte Gewicht des Reiters mit einem erhöhten Tempo auszugleichen.
Passt der Sattel? Sattellage nach Triggerpunkten abtasten
Als Pferdebesitzer sollte man die Passgenauigkeit des Sattels und den Pferderücken auf Unebenheiten oder Triggerpunkte regelmäßig selbst überprüfen. Bereits leichte muskuläre Veränderungen des Pferdes können den passenden Sattel aus dem Gleichgewicht bringen und zu Druckspitzen führen.
Begonnen wird an der Schulter: Mit der flachen Hand und den Fingerspitzen wird die Kante des Schulterblattes erfühlt. Hier darf der Sattel nicht aufliegen. Nun streicht man allein mit dem Gewicht der flachen Hand über die Schulter, unterhalb des Widerrists und entlang des langen Rückenmuskels. Die Muskelfasern unter der Hand sollten glatt sein, es dürfen sich keine Unebenheiten, Dellen oder Wärmeherde erfühlen lassen.
Als nächstes folgt die Drei-Finger-Technik. Mit ihr erspürt man Blockaden oder verschobene Wirbel. Daumen und Mittelfinger rahmen den Widerrist ein, der Zeigefinger liegt auf den Dornfortsätzen auf. Nun wird die gesamte Wirbelsäule am Widerrist beginnend entlanggefahren. Der Zeigefinger sollte über die Dornfortsätze gleiten, wobei alle Wirbel in gleichmäßigen Abständen aufgereiht sein sollten. Ertastet der Zeigefinger eine Unregelmäßigkeit kann es sich um eine Blockade oder einen verschobenen Wirbel handeln. Hier ist zwingend ein Pferdetherapeut heranzuholen.
Im nächsten Schritt wird die Wirbelsäule abgekniffen und abgedrückt, um eventuelle Schmerzpunkte zu identifizieren. Dafür drückt man mit den Fingerspitzen den Rückenmuskel direkt neben der Wirbelsäule bis zur Kruppe ab. Anschließend wird die restliche Sattellage abgedrückt. Hierbei kann ohne Bedenken ordentlich Druck aufgebaut werden. Drückt sich das Pferd weg oder zuckt, wiederholt man das Abdrücken an dieser Stelle. Manche Pferde sind kitzlig und zeigen beim ersten Abtasten eine Reaktion. Sollte diese Reaktion nicht nachlassen, sollte ein Fachmann zurate gezogen werden. Ausnahme für eine heftige Reaktion bildet ein Reflexpunkt, der sich ca. am Ende der Sattellage befindet: Hier ist es normal, dass das Pferd den Rücken wegdrücken kann.
Auch die Gurtlage darf nicht außer Acht gelassen werden. Falsche Gurtung oder Gurtformen können zu Reizungen und Schmerzen am Rippenbogen führen. Wie auch bereits die Sattellage mit der Kralle abgetastet wurde, wird nun die Gurtlage von oben nach unten in Richtung Ellenbogen abgestrichen. Nachfolgend geht es an das Brustbein, die untere Gurtlage. Auch hier sollte das Pferd nach mehrmaligen Wiederholungen keine Reaktion zeigen und auch keine Schwellungen des Gewebes aufweisen.
Wichtig!
Die Sattellage auf Schmerzpunkte, Unebenheiten etc. selbst abzutasten, ist wichtig, um als Pferdebesitzer die Passform des Sattels immer wieder selbst überprüfen zu können. Sobald das Pferd mit Wegdrücken, Zucken oder heftigerem Verhalten reagiert, sollte ein Fachmann sowohl Pferd als auch Sattel überprüfen. Generell sollte ein ausgebildeter Sattel, Sattelanpasser, Pferdetherapeut und/oder Tierarzt die Passform des Sattels überprüfen, damit Triggerpunkte gar nicht erst entstehen können!