Schermuster für Pferde

Wenn die Tage kürzer, die Temperaturen niedriger und die Blätter bunter werden, beginnen Pferde ihr Winterfell zu schieben. Viele Pferdebesitzer stellen sich dann die Frage, ob sie ihr Pferd scheren sollten oder nicht. Doch dem Pferd seines Winterpelzes zu entledigen, darf niemals aus optischen Gründen geschehen. Die gesundheitlichen Aspekte stehen bei einer Pferdeschur stets im Vordergrund: Wird das Pferd in der kalten Jahreszeit weiterhin trainiert, sodass es schwitzt, trocknet das dicke Winterfell nur schlecht. Dadurch steigt die Gefahr einer Erkältung. Das komplette Pferd oder nur Körperbereiche des Pferdes zu rasieren, kann dem Erkältungsrisiko entgegenwirken.

Sollte ich mein Pferd scheren?

Das Pferd kann sein dickes Winterfell aufstellen und somit eine zusätzliche Wärmedämmung bei klirrender Kälte bilden. Ist das Pferd jedoch geschoren, geht ihm diese Fähigkeit verloren. Es kann sich und seine Muskeln weniger warm halten, um seine Körpertemperatur zu regulieren. Bevor du zur Schermaschine greifst, solltest du dir die Frage stellen, ob eine Schur deines Pferdes überhaupt notwendig ist.

Bei Pferden mit gesundem Fellwechsel solltest du dir folgende Fragen vor einer möglichen Schur stellen:

  • Wie viel Fell entwickelt das Pferd im Winter?
  • Wie oft und intensiv wird das Pferd während der Wintersaison gearbeitet?
  • An welchen Stellen schwitzt das Pferd am stärksten?
  • Sind ausreichend Pferdedecken vorhanden, damit das Pferd rundum die Uhr eingedeckt werden kann?
  • Wie sieht die Haltung des Pferdes aus? Steht es im Offenstall, Laufstall oder einer Innenbox?
  • Ist das Pferd schon einmal geschoren worden?

Bei einem Turnierpferd, das im Winter weiterhin trainiert wird und daher viel schwitzt, kann eine Schur den Trocknungsprozess unterstützen. Dabei kann eine großflächige Schur hilfreich sein. Ein Pferd hingegen, das nur mäßig bis kaum gearbeitet wird und zudem im Offenstall steht, sollte sein Winterfell eher behalten.

Alternativ kannst du das Pferd bereits Anfang bis Mitte Oktober eindecken, damit das Winterfell nicht zu stark ausgeprägt wird. Auch unmittelbar nach dem Reiten solltest du eine Abschwitzdecke auflegen, damit der Trocknungsprozess schnellstmöglich beginnen kann. Wer die Möglichkeit hat, kann sein Pferd nach dem Training auch unter ein Solarium stellen.

Beachte!

Bedenke, dass ein geschorenes Pferd jederzeit eingedeckt werden sollte. Dabei ist es egal, wie großflächig es seiner Haare entledigt wurde. Damit es nicht bei nasskaltem Wetter eine Erkältung bekommt, braucht es eine entsprechend wärmende Decke. Welche Decke dafür in Frage kommt, erfährst du in unserem ausführlichen Deckenratgeber.

Wann sollte das Pferd am besten geschoren werden?

Am besten wird das Pferd dann geschoren, wenn es sein Winterfell bereits ausgebildet hat. Das ist von Ende Oktober bis Anfang November der Fall. Damit verhinderst du, das Pferd bereits nach kurzer Zeit nachscheren zu müssen, was das Pferd weniger belastet. Anschließend solltest du das Pferd in Abständen von vier bis acht Wochen erneut scheren. Der tatsächliche Zeitabstand ist abhängig von Wetter, Haltung, Nutzung und Dicke des nachwachsenden Fells.

Die letzte Schur darf spätestens Ende Januar, Anfang Februar erfolgen. Würde später geschoren werden, kann das den Wuchs des Sommerfells behindern. Ausnahme sind alte Pferde oder Pferde mit hormonellen Störungen, wie dem Cushing Syndrom: Diese haben zum Teil einen erschwerten Fellwechsel und behalten ihr dickes, langes Winterfell auch im Frühjahr/Sommer bei. Daher kann es sinnvoll sein, diese Pferde auch in der warmen Jahreszeit zu scheren, um einen Hitzeschlag zu verhindern.

Wie soll ich mein Pferd scheren?

Je nach gewähltem Schurmuster, Größe des Pferdes und Erfahrung des Pferdes mit dem Schurprozess kann das Scheren mitunter vier bis fünf Stunden dauern. Ist das Pferd mit dem Surren der Schermaschine allerdings vertraut und steht es ruhig, kannst du circa zwei Stunden pro Schur einplanen.

Such dir einen ruhigen Ort mit trockenem, rutschfestem Boden aus, an dem du das Pferd anbinden kannst. Eine Steckdose sollte in der Nähe sein. Bevor du das Pferd holst, legst du dir Folgendes parat:

  • Schermaschine mit Kabel oder vollgeladenem Akku
  • Schermaschinenöl, um alle 10 bis 30 Minuten nachzuölen
  • Bürste, z.B. eine Kardätsche, um die Schermaschine zwischendurch von Haaren zu befreien
  • eventuell Kreide, um Schurlinien vorzuzeichnen
  • Zeit, Ruhe, Geduld

Das Pferd sollte für den Scherprozess ruhig stehen. Lass es zuvor überschüssige Energie abbauen oder gib ihm eine Mahlzeit, damit es müde ist. Allerdings darf das Pferd zuvor nicht geschwitzt haben oder dreckig sein, da verklebte Pferdehaare die Schermesser abstumpfen lassen. Bei nervösen Pferden hilft ein Heunetz, an dem sie herumknabbern können. Junge Pferde, die das erste Mal geschoren werden, ist eine leichte Sedierung empfehlenswert. So behalten sie das Scheren als positives Erlebnis in Erinnerung. Musik, die das Surren der Schermaschine übertönt, kann ebenfalls helfen, das Pferd an das Scheren zu gewöhnen.

Damit du nicht aus Versehen Langhaar abrasieren, bandagiere den Schweif und flechte die Mähne ein.

Nun kannst du mit dem Scheren beginnen. Für Ungeübte ist es ratsam, das gewünschte Schermuster mit Kreide vorzuzeichnen. Anschließend setzt du die Schermaschine im 30-Grad-Winkel an. Schere nun in langen, gleichmäßigen Zügen entgegen der Fellrichtung. Für ein gleichmäßiges Schurbild lässt du die Schurbahnen überlappen, damit keine Haarstreifen stehen bleiben.

Beachte!

Beginne mit den unempfindlichen Stellen des Pferdes, wie Kruppe, Rumpf und Hals, und arbeite dich zu den filigranen Körperbereichen, wie Kopf und Beine vor. Bei sedierten Pferden gehe in umgekehrter Reihenfolge vor: Solange die Sedierung noch frisch ist und anhält, sollten die empfindlichen Körperstellen zuerst und die großen Flächen zum Schluss geschoren werden.

Der Kopf ist die Paradedisziplin im Scheren und hat weniger einen Nutzen als viel mehr optische Gründe. Falls du den Kopf deines Pferdes scheren möchtest, greife zu einer dünnen Schermaschine mit feinen Schermessern, mit denen sich präzise arbeiten lässt. Aber Achtung: Rasiere auf gar keinen Fall die Tasthaare um Maul, Nüstern, Augen und Ohren ab! Dies ist tierschutzwidrig und seit 2021 auf internationalen FEI-Turnieren verboten. Wer es dennoch tut, kann mit empfindlichen Strafen oder einer Disqualifikation des entsprechenden Turniers rechnen.

Nach dem Scheren bürstest du das Pferd ab und deckst es umgehend ein.

Reinige und öle die Schermaschine und wechsle bei Bedarf die Schermesser aus, um sie nachschärfen zu lassen.

Beachte!

Die geschorenen Stellen reagieren sehr empfindlich auf Reibung. Daher sollten in der Regel die Körperstellen des Pferdes, wo die Ausrüstung aufliegt, die Haare nicht abrasiert werden. Dazu gehört die Sattellage. Auch die Schenkelhilfen können zu Hautirritationen führen, weshalb im Bereich der Schenkel Pferdehaare stehen gelassen werden sollten.

Welche Schermuster für Pferde gibt es?

Damit das Pferd während des Trainings im Winter nicht so stark schwitzt, kann es auf unterschiedliche Arten geschoren werden. Insgesamt stehen sieben verschiedene Schermuster zur Auswahl:

Vollschur

Bei der Vollschur wird, wie der Name schon sagt, das Fell des Pferdes komplett geschoren, inklusive der Beine und des Kopfes. Dadurch hat das Pferd keinerlei natürliche Wärmedämmung mehr und muss daher rundum die Uhr eingedeckt werden, damit es sich nicht erkältet. Bei besonders kalten Temperaturen empfiehlt es sich, seine leichte Decke und darüber eine etwas dickere Outdoordecke zu legen. Das Eindecken ist neben der Wärmeisolierung auch als Schutz vor Hautirritationen wichtig, die entstehen können, wenn das Pferd schutzlos den äußeren Begebenheiten ausgesetzt ist. Die Vollschur eignet sich besonders für Turnierpferde und Pferde, die im intensiven Training stehen und daher viel schwitzen.

Jagdschur oder Hunter-Schur

Der Jagdschnitt oder auch Hunter-Schur genannt, ist der Vollschur sehr ähnlich, wobei nur die Beine und die Sattellage nicht geschoren werden. Dies ist den empfindlichen Körperstellen geschuldet, wo der Sattel Scheuerstellen verursachen kann. Als Vorlage kann eine Schabracke aufgelegt werden, um die herumgeschoren wird. Auch nach einer Hunter-Schur muss das Pferd eingedeckt werden. Die Hunter-Schur empfiehlt sich bei Pferden, die viel bewegt und gearbeitet werden.

Deckenschur

Für Pferde, die im Winter mäßig bewegt werden, dafür aber tags auf Koppel kommen oder im Offenstall stehen, ist die Deckenschur optimal. Es wird so viel abrasiert, dass das Pferd nicht übermäßig schwitzt – der komplette Hals, die Brust, der untere Bauch und die Kruppe werden geschoren. Gleichzeitig bleiben die Haare der Rückenpartie stehen, sodass sich das Pferd nicht verkühlt.

Chaser-Schur

Die Chaser-Schur ist eine Abweichung des Hunter-Schnitts. Dabei werden die Haare der kompletten Oberlinie stehengelassen, sodass nur die stark schwitzenden Körperstellen abrasiert werden. Dadurch behält der kälteempfindliche Rücken und die Nierenpartie das dicke Winterfell als Wärmeisolierung bei. Manche Pferdebesitzer passen das stehengelassene Fell optisch der Rasur an, indem es oberflächlich getrimmt wird. Der Chaser eignet sich besonders bei Pferden, die mäßig viel und intensiv bewegt werden, also nicht täglich schwitzen.

Irish-Schur

Die Irish-Schur geht schnell und einfach und ist daher besonders für junge Pferde geeignet, die an das Scheren vorsichtig herangeführt werden sollen. Ebenso profitieren Pferde, die nur leicht gearbeitet werden, von dem Irish-Schnitt. Dabei wird das Pferd im vorderen Bereich geschoren, sodass Genick, Hals, Brust und Schulter und der untere Bauch frei sind. Das restliche Pferd behält seinen wärmenden Winterpelz.

Trace-Schur

Eine leichte Abweichung zum Chaser-Schnitt bildet die Trace-Schur. Der abrasierte Streifen fällt geringer aus, wobei nur der untere Bereich des Halses und der Brust rasiert werden. Der Kopf wird teilweise oder gar nicht geschoren.

Bib-Schur

Die wohl einfachste und schnellste Schur ist die Bib-Schur. Hierbei wird lediglich die Vorderseite des Halses entlang des Schlunds geschoren. Durch die minimalistische Schur eignet sich dieses Schermuster besonders für Pferde, die im Offenstall und auch sonst viel draußen stehen. Mit einer geeigneten Decke können diese Pferde während des Winters sogar Tag und Nacht draußen gehalten werden. Manche Pferdebesitzer erweitern die Bib-Schur, indem sie sie zwischen den Vorderbeinen entlang bis hinter die Gurtlage ausweiten. Diese Variante wird Hals-und-Bauch-Schur genannt.

Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt – Scheren von Motiven

Eine großflächige Schur sollte nie aus optischen Gründen geschehen, insbesondere auch dann nicht, wenn es für das Pferd nicht notwendig ist. Wird das Pferd dennoch geschoren, kann die Schur mit kreativen Motiven aufgepeppt werden. Diese werden meistens auf der Kruppe einrasiert. Die Motive reichen von Herzen über Glücksklees und Sternen bis hin zu aufwendigen Eigenkreationen – der Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt.

Einfache Motive können mithilfe von Scherschablonen eingearbeitet werden.

Für filigrane Motive sind kleine akkubetriebene Schermaschinen geeignet, die nicht nur bei der Motiv- sondern auch bei der Kopfschur nützlich sind.