Gut vorbereitet für den Wanderritt

Das Wanderreiten ist nicht mehr nur eine Randerscheinung im Reitsport, die von hartgesottenen Outdoor-Reitern betrieben wird. Es bietet mit seinen flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten auch Reitanfängern oder Reitern, die eher in den Grunddisziplinen zu Hause sind, einen schönen Einstieg, um mit dem Pferd gemeinsam die Natur zu erkunden und schöne Erlebnisse zu schaffen. Damit das Abenteuer Wanderreiten glückt, sollte man viel Zeit für die Vorbereitung und Planung investieren.

Wir fassen für dich die wichtigsten Punkte zusammen, die du beachten solltest, bevor es losgeht.

Westernsattel mit Landkarte

Was versteht man unter Wanderreiten?

Ein Wanderritt ist nichts anderes als eine Wanderung mit Pferd. Von Halbtagestouren bishin zu mehrtägigen Routen mit Übernachtung weist das Wanderreiten ein großes Spektrum an Möglichkeiten auf, um sowohl Einsteigern als auch Fortgeschrittenen ein auf die persönlichen Erfahrungen und Kenntnisse abgestimmtes Erlebnis bieten zu können.

Wanderreitpferd

Im Kontrast zum Leistungsreitsport steht beim Wanderreiten die gemeinsame Erfahrung mit dem Pferd, die bewusste Wahrnehmung der Natur und nicht zuletzt der Spaß im Fokus. Ein Wanderritt stärkt die Bindung zwischen Pferd und Reiter, schließlich müssen sich beide aufeinander verlassen können, um sicher ans Ziel zu kommen.

Das Zurücklegen von längeren Distanzen kommt zudem dem natürlichen Laufverhalten der Pferde ziemlich nah und ist somit eine willkommene Abwechslung zum Stallalltag, zumal auch das Bewältigen von unterschiedlichen Bodenverhältnissen dem Pferd zu mehr Trittsicherheit verhelfen kann.

Da Wanderreiter in der Regel in kleineren Gruppen unterwegs sind, stärkt es auch das Gemeinschaftsgefühl untereinander. Eine gute Vorbereitung ist das A und O des Wanderreitens, so schult man durch eigens geplante Wanderritte auch sein Organisationsgeschick. Es gilt insbesondere bei mehrtägigen Touren – weniger ist mehr. Der Fokus auf das Wesentliche – auch im reiterlichen Sinne – sorgt für Entschleunigung und als Reiter lernt man auch in unbekannten Situationen einen kühlen Kopf zu bewahren.

Welche Voraussetzungen sollten Pferd und Reiter für das Wanderreiten erfüllen?

Ein Wanderritt sollte mit einer langen Vorlaufzeit geplant und vorbereitet werden, insbesondere wenn man sich das erste Mal ins Abenteuer Wanderreiten stürzt. Hierzu gehört auch, dass man sich mit den Grundvoraussetzungen auseinandersetzt, die Pferd und Reiter erfüllen sollten, bevor man mehrere Stunden oder gar Tage mit dem Pferd über Stock und Stein reitet.

Voraussetzungen für ReiterVoraussetzungen für Pferde
– solide reiterliche Grundausbildung– solide Grundausbildung (ca. ab 6-8 Jahren) in allen Gangarten und Grundgehorsam
– gewisse körperliche Fitness:
bei steilen Wegen bergauf oder bergab sollte abgestiegen und geführt werden. Zudem sollte man als Reiter auch jederzeit vom Boden aus aufsteigen können.
körperliche Grundvoraussetzungen:
> tragfähig (ideal ist ein kompakter und kurzer Rücken)
> gesunde Hufe (je nach Route darauf achten, ob Beschlag oder Hufschuhe notwendig sind)
> gute Kondition
gut vorbereitet und informiert sein über:
> Routenplanung und Kartenlesen
Straßenverkehrsregeln
> Erste-Hilfe-Maßnahmen & Kenntnis von Giftpflanzen
> Tierversorgung
> regionale Regelungen bzgl. des Reitrechts (z.B. Reitplakettenpflicht)
Verhalten:
> gelände- und trittsicher
> nervenstark und gelassen, auch im Straßenverkehr oder bei unbekannten und unerwarteten Reizen
> je nach Route keine Angst vor Gewässern, Brücken, Tunneln, engen Wegen oder anderen Hindernissen
> sich von fremder Umgebung nicht verunsichern lassen, auch nicht beim Fressen oder Trinken
> anbinde- und verladesicher
> sollte an jeder Stelle in einer Reitergruppe mitlaufen können
– über das notwendige Equipment verfügen: siehe Ratgeber Ausrüstung und Packlistegut passendes Equipment, insbesondere Sattel, Zaumzeug und Packtaschen müssen optimal passen

Um die besten Voraussetzungen für einen harmonischen und sicheren Wanderritt zu schaffen, sollte man sich spätestens einige Wochen vor der geplanten Tour die Zeit nehmen, das Pferd eingehend auf die Belastungen und Anforderungen vorzubereiten.

Wie gestalte ich das Training vor einem Wanderritt?

Das gezielte Training für einen Wanderritt sollte je nach Trainingsstand mindestens 6 Wochen bis 3 Monate vor der geplanten Tour starten. Um die individuellen Anforderungen für deinen Wanderritt zu erfüllen, sollte man bei der Gestaltung des Trainings folgende Grundpfeiler berücksichtigen:

1. Wie ist der aktuelle Trainingsstand des Pferdes?

Ist die Muskulatur gut ausgebildet? Wie ist es um die Kondition meines Pferdes bestellt? Werden Bodenarbeit und Gelassenheitstraining ohnehin regelmäßig praktiziert oder muss ich hier mehr Zeit investieren? Wie ist der Gesundheitszustand meines Pferdes? Gibt es körperliche Besonderheiten, auf die beim Training Rücksicht genommen werden muss?

2. Ist mein Pferd bereits mit dem Wanderreiten oder längeren Ausritten vertraut?

Ist ein Pferd schon routiniert im Wanderreiten, kann man bei den Vorbereitungen und dem Training auch mal etwas flexibler sein. Ein Pferd, das noch nicht so viel Erfahrung hat, sollte intensiv darauf vorbereitet werden. Hier hilft definitiv ein ausgearbeiteter Trainingsplan, bei dem sowohl Gelassenheitselemente, aber auch Konditionstraining und längere Ausritte bewusst integriert werden.

3. Wie kompatibel sind die Charaktereigenschaften meines Pferdes mit den Anforderungen eines Wanderrittes?

Ein Pferd, das von sich aus schreckhaft ist und in neuen Situationen Unsicherheiten zeigt, benötigt mit Sicherheit eine längere Vorbereitungszeit als ein nervenstarkes Pferd, das sich von äußeren Reizen wenig beeindrucken lässt. Wer regelmäßig Wanderritte plant, sollte ohnehin Gelassenheitstrainings und Bodenarbeit standardmäßig in den Trainingsplan integrieren. Berücksichtige dabei den Charakter deines Pferdes. Zeigt dein Pferd in der Gruppe ein dominantes Verhalten und ist eher ein Einzelgänger? Dann bietet es sich an, schon mal vorab mit der Wanderreitgruppe oder anderen Pferden die Situation „einzustudieren“ und Verhaltensweisen, die sich ggf. negativ auf die Gruppendynamik auswirken könnten behutsam abzutrainieren.

4. Welche individuellen Anforderungen hat die geplante Route und kann ich diese bei den Vorbereitungen konkret berücksichtigen?

Wasserläufe, Brücken, Tunnel, schmale Wege mit tiefem Geäst. Je besser man auf die reellen Hindernisse während des Wanderritts vorbereitet ist, desto besser ist es um die Sicherheit aller bestellt. Spiele die Situationen zunächst in der gewohnten Umgebung durch und mache so oft wie möglich den Praxistest in der näheren Umgebung. Zeigen sich während den Vorbereitungen extreme Angstreaktionen auf bestimmte Situationen, die dir während des Wanderrittes begegnen werden, sollte man kein unnötiges Risiko eingehen. Verschiebe die geplante Tour und arbeite ggf. auch mithilfe eines professionellen Trainers auf dein gemeinsames Ziel hin.

5. Was ist mir für die Vorbereitung meines Pferdes besonders wichtig?

Stelle deinen Trainingsplan auch unter Berücksichtigung deiner Bedürfnisse im Sinne deines Pferdes zusammen. Du gehörst zu den ängstlichen Reitern und bist in neuen Situationen eher misstrauisch? Wenn du bewusst an der Schrecksicherheit deines Pferdes arbeitest, wird das auch dir mehr Sicherheit geben. Dein Verhalten beeinflusst auch das Verhalten deines Pferdes. Baue eine vertrauensvolle Beziehung zu deinem Pferd auf und arbeite auch an deinem persönlichen Mindset. Gehörst du hingegen eher zu den abenteuerlustigen Reitern und hast in Bezug auf das Wanderreiten große Ambitionen, was zum Beispiel den Anspruch und die Länge der Route betrifft, solltest du auch hier gezielt auf deine Wünsche hinarbeiten. Setze deine persönlichen Anforderungen auch immer in Relation zu den körperlichen und mentalen Fähigkeiten deines Pferdes.

Um dir die Vorbereitungen für deinen Wanderritt zu erleichtern, haben wir einen Trainingsplan für dich und dein Pferd erstellt. Hier geht es zum kostenlosen Download.

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Die Gelassenheitsprüfung für Sport- und Freizeitpferde

Die Deutsche Reiterliche Vereinigung bietet die sogenannte GHP für Sport- und Freizeitpferde an. Im Gegensatz zu anderen Reitprüfungen sind hier die „Soft Skills“ von Reiter und Pferd gefragt – hierzu gehört das gemeinsame Bewältigen eines Parcours, der die Nervenstärke, die Grunderziehung und das gegenseitige Vertrauen zum Ausdruck bringt. Die GHP kann man sowohl geführt als auch geritten absolvieren. In Hinblick auf das Wanderreiten sind im Aufgabenpool wichtige Elemente enthalten, die einem während eines Wanderritts in ähnlicher Form begegnen könnten, z.B. das Überqueren einer Wasserplane oder das Herannahen eines Fahrradfahrers. Neben den Gelassenheitsaufgaben profitiert man in Voraussicht auf das Wanderreiten auch von weiteren enthaltenen Übungen, wie dem Rückwärtsrichten oder dem Stillstehen.

Wie plant man einen Wanderritt?

Es gibt mehrere Möglichkeiten, Wanderritte zu planen. Für Einsteiger lohnt es sich, bei regionalen Wanderreitverbänden anzufragen. Hier findet man häufig schon perfekt ausgearbeitete Touren mit Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten, die man bequem in sein GPS-Gerät einspeisen kann.

Wer seine Tour selbst planen möchte und noch nicht so viel Erfahrung in der Routenplanung hat, kann sich auch einschlägige Apps zur Hilfe nehmen, bei der bereitbare Wege vorgeschlagen werden. Man sollte immer mehrere Karten bei der Planung einbeziehen. Neben einer topografischen Karte, sollte man z.B. auch Google Maps für aktuelle Straßensperrungen und spezielle Wanderreitkarten berücksichtigen, die zuverlässig anzeigen, welche Wege bereitbar sind.

Wanderreitkarte wassergeschützt in einer durchsichtigen Tasche verstaut.

Stichwort Reitkennzeichen/Reitplakette

Je nach Bundesland kann es notwendig sein, sich ein Reitkennzeichen bei den unteren Landschaftsbehörden der jeweiligen Kreis- bzw. Stadtverwaltungen zu besorgen. Bitte informiere dich vor dem Ritt umfassend, welche gesetzlichen Bestimmungen auf deiner Route zu beachten sind!

Oldschool Equipment

Auch wenn digitale Tools wie GPS-Geräte und Online-Karten mittlerweile zum Standard gehören, sollte man bei einem Wanderritt für den Notfall auch herkömmliche Karten in einem angemessenen Maßstab (ideal: 1:25.000 bis 1:50.000) zur Hand haben und diese auch zu interpretieren wissen. Ebenso sollte ein Kompass zur Orientierung mitgeführt werden. Auch wenn ein Smartphone all diese Funktionen in sich vereint, kann es zu technischen Ausfällen oder leeren Akkus kommen. Mehr Infos, was du auf einem Wanderritt alles brauchst, findest du in unserer Packliste.

Wie berechnet man eine Tagesetappe?

In der Regel ist eine Etappe von 20-30 Kilometern machbar, das hängt jedoch von einigen Faktoren ab:

Zwei Frauen in Wanderreitbekleidung mit einem Pferd
  • Kondition und Erfahrung von Pferd und Reiter
  • Beschaffenheit der Route (Schotter, Asphalt, Naturwege, Begegnungen mit anderen Verkehrsteilnehmern)
  • Bewältigung der Höhenmeter
  • Zusätzliches Gewicht durch Gepäck
  • Dynamik der Reitgruppe
  • Individuelle Pausengestaltung

Zudem sollte man eventuelle spontane Umwege einberechnen, die durchaus mal durch eine Streckensperrung oder nicht passierbare Hindernisse notwendig werden.

Im Idealfall sollte man daher – insbesondere wenn man mit dem Wanderreiten erst begonnen hat – kleinere Ziele stecken und Tagesetappen von ca. 15 bis 20 km einkalkulieren.

Die Einkehr – was ist zu beachten?

Bei einem mehrtägigen Wanderritt sollte man sich im Vorfeld um Übernachtungsmöglichkeiten entlang der Route kümmern. Hier sollten das Wohlergehen und die perfekte Versorgung sowohl für den Reiter als auch für das Pferd gewährleistet werden. Es gibt inzwischen eine Vielzahl an regionalen Zusammenschlüssen, die ein Netz an Wanderreitstationen und anderen Einkehrmöglichkeiten ausgearbeitet haben. Teilweise ist die Einkehr an diesen Stationen auch ohne Voranmeldung möglich, bei einem länger geplanten Wanderritt – vor allem mit einer größeren Gruppe – bietet es sich jedoch an, im Vorfeld das Nachtquartier für Pferd und Reiter zu reservieren.

Zwei Frauen machen Rast auf ihrem Wanderritt